Wie bekomme ich Laufenten handzahm?
Wenn man sich so durch die Erfahrungsberichte vieler Laufentenhalter wühlt, liest man in den meisten Fällen, dass Laufenten sehr scheu sind und maximal mit einem Meter Sicherheitsabstand zu einem kommen. Als Henry, Daisy und Tina bei uns einzogen, hatten wir auch keinen Zweifel daran. Sobald wir die Voliere betraten – in den ersten 3 Wochen hatten wir sie zur Eingewöhnung ausschließlich dort – brach Anfangs mittelschwere Panik aus. Klar, der Umzug, ein neues Zuhause, neue Menschen,… eine Qual für Laufenten, die als äußerst Ritual liebend bekannt sind. Wie wir unsere Laufenten dann doch handzahm bekommen haben, möchte ich euch im Folgenden erzählen.
Bereits in dieser Zeit begannen wir, uns mit Gartenstühlen erst mal in die Voliere zu setzen. Sie sollten feststellen, dass wir ihnen nichts Böses wollen. So saßen wir einfach Abends 30-60 Minuten in der Voliere und unterhielten uns. Sie gewöhnten sich an unsere Stimmen und an “ungewöhnlichere Geräusche” wie z.B. Niesen und Husten – ok, das Niesen trifft bei mir ziemlich häufig zu :-).
Als nächsten Schritt nahmen wir uns einen Eisbergsalat und warfen den Entis Stück für Stück ein Blättchen zu. An dieser Stelle möchte ich direkt erwähnen, hätten wir es zum damaligen Zeitpunkt gewusst, hätten wir uns mit getrockneten Mehlwürmern bewaffnet. Leider erfuhr ich von dieser tollen Süßigkeit erst ein gutes halbes Jahr später durch den Tipp einer lieben Freundin. Aber nicht schlimm, der Salat tat es auch. Das Ritual – Salat fliegt durch die Gegend und landet auf dem Boden – verbunden wir mit den Worten “Jammy Jammy Jammy”. Der Salat schmeckte, wurde allerdings mit allergrößter Vorsicht genommen. Kaum den Salat im Mund war Rückzug angesagt. Wir lagen dort bei einem ungefähren Abstand von 2 Metern. Den Salat gab es übrigens ab diesem Tag ausschließlich nur noch von uns und nicht mehr im Futternapf serviert.
Irgendwann kam der Zeitpunkt, dass die Laufenten auf der gleichen Entfernung stehen blieben und auf weiteren fliegenden Salat warteten, anstatt hysterisch zurückzuweichen. Genau diesen Moment nutzten wir, um die Angelegenheit zu steigern. Der Salat wurde nicht mehr geworfen, sondern in nächster Nähe unserer Stühle platziert. Schon hierbei trennte sich die Spreu vom Weizen. Nur wer mutig genug war, bekam am meisten Salat ab. In unserem Fall hatte sich sehr schnell gezeigt, Chefin Tina hat beim Futtern die Nase vorn. Nun wäre es ein fataler Fehler, den nicht so mutigen Entis aus Mitleid doch wieder in 2 Meter Entfernung Salat hinzuwerfen. Also merkten Henry und Daisy, ohne Mut kein Salat. Und falls am Ende noch Salat auf dem Boden lag, sammelten wir diesen wieder ein. Ansonsten lernen die Entis nur “ok wenn ich lange genug warte, bekomme ich doch meine Leckereien”.
Mit Tina steigerten wir weiter den Schwierigkeitsgrad; wir saßen uns gegenüber mit etwa 30 cm Abstand und wir warfen den Salat genau vor unsere Füße. Wie ein Blitz schoss sie irgendwann zwischen uns her und schnappte sich den Salat. Für Henry und Daisy blieb nur noch der Kompromiss, den Salat neben unseren Stühlen aufzusammeln. Während Tina in unserer unmittelbaren Nähe erst mal abwartete, ließen wir nach und nach Salat in unsere Mitte fallen, bis die Gier überwiegte und sie genüsslich den Salat vor unseren Füßen einsammelte.
Als nächstes kam dann die Hand ins Spiel. Erst mal haben wir Tina in unsere Mitte gelockt. Während sie dann neben uns stand und auf den Salat wartete, kam von oben kein Nachschub mehr. Stattdessen machte ich einen langen Arm (und der wurde verdammt lang und schwer) und in meiner Hand hielt ich ein groooßes Stück Salat. Jedes mal, wenn ich mich minimal bewegte, schreckte sie zurück. Bis sie mich dann irgendwann erlöste und mir das Blatt aus der Hand riss. In der folgenden Zeit funktionierte es immer besser.
Im nächsten Schritt setzten wir uns mit einem kleinen Tritt in den Garten und das Spiel begann von vorne. Wir merkten, dass es für die Entis angenehmer war, “mehr von uns zu sehen”. Sie konnten besser unsere Bewegungen wahrnehmen und einschätzen. Und wir selber hatten den Vorteil, dass wir, mit nicht ganz so viel Verrenkung, unsere Hand auf dem Boden platzieren konnten, während der Salat in der Nähe auf dem Boden lag. Aber selbst zu diesem Zeitpunkt war die Panik doch insgesamt noch so groß, dass ich da auf meinem Höckerchen saß und sogar die Luft anhielt, während die Entis 10 cm von meiner Hand entfernt den Salat aßen.
Mit der Zeit wurden unsere Entis immer entspannter in unserer Nähe. Hilfreich war dabei natürlich auch, dass wir ständig irgendwas im Garten rumbuddelten. Dabei entlockten wir dem Boden reichlich Regenwürmer und Käfer, die wir folglich auch immer in Verbindung der Worte “Jammy Jammy Jammy” an die Entis verfütterten. Unsere Hockerübung führten wir weiter fort, ich konnte mittlerweile endlich mal Luft holen, während die Entis in meiner Nähe waren und der Salat lag nun ausschließlich auf meiner Hand. Und so kam dann irgendwann der Moment, als alle sich an meine Hand trauten, um sich den Salat zu holen. Bei Tina funktionierte es sehr zuverlässig, Daisy und Henry hingegen blieben die folgenden Wochen ein Fähnchen im Winde. Wenn es Regenwürmer gab, versuchte jeder der erste an der Hand zu sein, bei Salat… naja. Dies änderte sich dann allerdings, als wir die Mehlwürmer fütterten. Seit dem Zeitpunkt fraßen alle super aus der Hand. Lediglich Daisy hat bis heute immer wieder Momente, wo sie total zurückhaltend und schreckhaft ist.
Welche Frage vielleicht in meiner Erklärung noch offen bleibt, ist der zeitliche Aufwand. Nun wir sind beide voll berufstätig und haben auch noch ein paar andere Tierchen zu versorgen. Also ehrlich gesagt haben wir uns insgesamt gar nicht soooo viel mit den Entis beschäftigt. Abgesehen von den ersten zwei Wochen, als wir uns tatsächlich täglich abends in die Voliere gesetzt haben, damit sie sich an uns gewöhnen konnten. Ansonsten beschränkte sich das “Training” aufs Wochenende oder bei gutem Wetter mal abends.
Nun und bei Küki, Amy und Luna handelt es sich halt um unseren eigenen Nachwuchs. Da ist der Bezug noch intensiver, die Handfütterung und auch Berührungen kennen sie von Baby an. Und das obwohl sie aus Naturbrut geschlüpft sind.
Tja und wie ist der Stand nach nun gut 1 1/2 Jahren? Wenn wir zu unserem Pavillion gehen, wo sich die Dose mit den Mehlwürmern befindet, stehen schon alle parat, obwohl noch nicht mal sicher ist, das wir die Dose tatsächlich mitbringen. Das sie uns dabei nicht an die Gurgel springen, wenn es zu lange dauert, ist reine Glückssache :-). Wir brauchen nichts mehr zu sagen, einfach nur die Dose zeigen. Und dann müssen wir versuchen, mit zwei Händen sechs Enten zu füttern, ohne dass sie sich dabei gegenseitig die Augen auspicken oder uns die Hand abreißen. Auch Gartengeräte kennen unsere Entis bereits genau und können sie unterscheiden. Wenn wir mit einem Spaten den Garten betreten, verfolgen sie uns auf Schritt und Tritt. Sie wissen genau, gleich wird ein Loch gebuddelt :-).
Und obwohl so handzahme Laufenten echt viel Spaß bereiten, hat es sehr wohl auch Nachteile. Wir können nirgendwo stehen oder sitzen, ohne dass uns irgendeine Ente am Schuh oder an der Hose rumknabbert. Während wir mit dem Spaten Rasen ausstechen, müssen wir bei jedem Stich aufpassen, dass keine Ente ihren Kopf gerade dazwischen hat. Wenn wir los wollen um die Schubkarre zu entleeren, müssen wir erst mal die Entis wegscheuchen, die sich um die Schubkarre platziert haben. Teilweise puhlen sie sogar während “der Fahrt” mal eben in der Erde in der Schubkarre rum. Jegliches Werkzeug muss oberhalb der Entenköpfe aufbewahrt werden. Schrauben, Dübel, etc. werden sonst direkt geklaut.
Ich finde es auch immer sehr belustigend, wenn andere Entenhalter über die Reaktion ihrer Laufenten berichten, sobald neue Gegenstände in den Entenbereich kommen. Die Rede ist oft davon, dass fremde Gegenstände “mit Monstern behaftet” sind. Bei uns absolutes Gegenteil. Fast alle neuen Gegenstände werden sofort genauestens begutachtet und getestet, ob man sie essen kann oder ob die Entis sonst was damit anfangen können.
So und nun wünsche ich euch viel Spaß und Erfolg beim Zähmen eurer Laufenten.